Sonntag, 15. August 2010

Asafotufiam

Laute Musik dröhnt aus übersteuerten Lautsprechern, an jeder Straßenecke ein anderer Titel. Ziel ist es, den jeweils anderen zu übertönen, um die meisten Besucher in den eigenen Spot (= Kneipe) zu locken.
Einmal im Jahr herrscht im sonst so ruhigen Big Ada mit sehr überschaubarem Unterhaltungsangebot plötzlich Ausnahmezustand. Auf den zuvor leeren Straßen drängen sich Menschen zwischen den vielen zum Teil provisorisch errichteten kleinen Verkaufsständen am Straßenrand. Lautstark hupende Tro-Tros (Minibusse) und Taxis drängen durch den überschäumenden Menschenfluss. Der sonst schon sehr gemütliche lokale Laufschritt wird noch einmal um ein Vielfaches reduziert.

Das Asafotufiam-Festival ist eine kuriose Mischung aus Tradition und Moderne. Einerseits werden die sieben Häuptlinge der Region von ihren jeweiligen Stämmen gewürdigt, es wird an vergangene Kriege erinnert und der Vorfahren gedacht.
Andererseits ist es eine Zurschaustellung der aktuellen Mode, ein Laufsteg zum Sehen und Gesehen werden und beliebter Betätigungsort für Taschendiebe. Sogar die Hauptstädter aus Accra kommen zum Feiern nach Big Ada.
Traditionell beginnt das Festival mit einem Umzug der Häuptlinge durch die Straßen, die von den Mitgliedern ihrer Stämme gefolgt werden. Laute Musik, Singen und Tanzen begleitet die Prozession. Später treffen sich alle Häuptlinge und führen gemeinsam Rituale aus.
Am nächsten Tag finden verschiedene Gottesdienste statt und am Tag darauf wird das ganze Fest an den Strand verlegt. Da wo Musik ist, da wird auch getanzt und so konnte man überall am Strand und in den Straßen Menschen aller (!) Altersklassen ihren Hintern virtuos schütteln sehen.

Offiziell dauert das Festival vier Tage, von Freitag bis Montag. Doch eigentlich beginnt das Aufbauen und Anreisen der Menschen schon Tage vorher und auch der Abbau und das Ausklingen danach dauert einige Tage. Zwei Frauen, die in unserem Haus übernachtet hatten, mussten ihre Abreise mehrmals verschieben, da sie keinen Platz im Tro-Tro erwischt haben und stundenlang am Straßenrand gewartet hatten.
Überhaupt war das ganze Haus überfüllt mit Gästen der Familie. Oftmals waren es aber auch einfach Leute, die aus demselben Ort stammen, oder mit der Tante eines Bewohners befreundet sind oder deren Schwager schon mal ein Bier mit einem Bewohner getrunken hat. Das Haus war jedenfalls voll und selbst auf der Holzbank auf der Terrasse hatte sich jemand zum Schlafen hingelegt. Auch wir hatten Besuch: Katha und Raphael, die in einem ASA-Projekt in der Voltaregion arbeiten, waren für das Festival in Big Ada.
Weil es hier schon halb sieben dunkel wird, ist unser Zeitgefühl etwas durcheinander gekommen. Und da das Festivals  auch keine Start- und Endzeiten kannte, mussten wir wohl oder übel im lautesten Musikgedröhne einschlafen. Obwohl man sein eigenes Wort im Zimmer nicht verstehen konnte, haben wir uns irgendwann so daran gewöhnt, dass wir problemlos im größten Bassgedröhne schlafen konnten. 
Jetzt wird es langsam wieder ruhiger in Big Ada. Die meisten Lautsprecher sind abgebaut und die verbleibenden leiser gestellt. So wie es jetzt ist, könnte es durchaus bleiben. Aber leider geht hier nur: Alles oder Nichts. Und so wird es bald wieder sehr, sehr ruhig werden in Big Ada.

1 Kommentar:

  1. da seit Ihr wirklich in einer komplett anderen Welt angekommen - aber mit Sicherheit spannend und ich finde es auch immer wieder wichtig, dass wir uns unserem Wohlstandes bewusst werden.

    Wie läufts denn im Praktikum ???

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